(Zum Vergrößern und zur besseren Ansicht der Noten und Bilder diese bitte anklicken)
"Alles was gegen die Natur ist,
hat auf die Dauer keinen Bestand."
(Charles Darwin)
Die Naturklänge (Obertöne)
Dargestellt auf der Langnaturtrompete
Der Modus Tromba
(Modus: Maß; Art und Weise, Tonart)
I. Die Natur der Basler Langnaturtrompeten und vom Wunder der Naturklangreihe -
II. Bachs Spezialtonleiter: Die "Scala der 3. major" -
III. Harmonische (enharmonische) und doppeldeutige Klänge -
IV. Leopold Mozart: "Versuch einer gründlichen Violinschule"
V. Ein Krebsgängiger Canon aus 9 Naturklängen -
VI. Das Tetrachord- und Hexachordsystem aus der Naturklangreihe -
VII. Martin Agricolas "Musica Choralis Deudsch" und die Natur der Musik
Jean-François Madeuf
Jean-François Madeuf ist ein weltweit gefragter französischer Trompetenvirtuose. Zudem lehrt er an der Schola Cantorum
Basiliensis und am Pariser Conservatoire National Supérieur de Musique. Madeuf gehört zu den wenigen Exponenten,
welche die historische Langnaturtrompete ohne Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel wie Ventile oder
neuzeitlicher, unhistorischer Temperierungslöcher blasen. 2013 erhielt er mit seinem Trompetenensemble der Schola Cantorum Basiliens von
der Europäischen Kulturstiftung pro Europa* den Europäischen
Ensemblepreis.
* Diese Stiftung wurde 1993 von dem Basler Dirigenten und Mäzen Prof. Paul Sacher (dem Gründer der Schola Cantorum Basiliensis) und dem
Freiburger Juristen Dr. Ernst Seidel in Basel nach Schweizer Recht ins Leben gerufen.
Zum untenstehenden Link:
Ein Schüler von Madeuf, Julian Zimmermann, bläst auf der Langnaturtrompete "Prince of
Denmark's March" von Jeremiah Clarke (1674 - 1707). An der Orgel: Daniela Niedhammer.
https://www.youtube.com/watch?v=a6pExaRPg84&feature=youtu.be
Zimmermann, aus Kriens (Luzern) stammend, studierte an der Hochschule der Künste Bern moderne Trompete bei Marc Ullrich und Markus Würsch. Nach Ablegen des Lehrdiploms auf moderner Trompete folgte ein Masterstudium an der Schola Cantorum Basiliensis im Fach Langnaturtrompete bei Jean-François Madeuf. Bei ihm erlernte Zimmermann, so wie es die Trompeter von Bach, Händel und Telemann beherrschten, das Blasen der Langnaturtrompete ohne technische Hilfsmittel.
Hier ein Link zu den ältesten erhaltenen Langnaturtrompeten in Bügelform:
https://www.hmb.ch/museen/sammlungsobjekte/einzelansicht/s/zwei-langtrompeten-in-es/
Jüdische Silbermünze aus den Jahren 132-135
Dieses Münzbild symbolisiert offensichtlich die 2 Silbertrompeten des Mose
(4 Mose 10. 1-10)
Eingesandt von Richard C. Steuart
Eine einzelne Note symbolisiert einen Grundklang. Auf ihm baut sich nach physikalischer Gesetzmäßigkeit in unendlicher Folge eine Naturklangreihe auf, die auch Obertonreihe genannt wird. Diese Naturklangreihe ist neben dem Grundklang mitklingender Bestandteil eines jeden instrumental und vokal erzeugten Grundklangs. Die Naturklangreihe lässt sich vom 3. bis etwa zum 20. Naturklang auf der Naturtrompete oder dem Naturhorn durch Überblasen sehr gut zu Gehör bringen:
Auf dieser Naturklangreihe basieren die Trompetenparts von Bach, Händel und Telemann. Geblasen wurden sie von deren Trompetern auf ventillosen Langnaturtrompeten in Bügelform.
Die Basler Langnaturtrompeten in
Bügelform
In B, C, D, Es und F
Copyright Langtrompeten auf Pauken, Historisches Museum Basel,
Foto: HMB P. Porter
Telemann: "Jede Note einzeln betrachtet, ist ein Klang!"
I. Von der Natur der Basler Langnaturtrompeten
Die
Naturklangreihe
Das Einmaleins und die musikalische Natur:
Die 1er-Basisreihe:
Ein Naturwunder:
Denn ab der 2. Note einer Naturklangreihe bildet jeder nachfolgende Klang in unendlicher Folge - entsprechend dem Einmaleins - das Fundament zu einer neuen Naturklangreihe innerhalb der ursprünglichen 1er-Basisreihe!
1er-Basisreihe: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 etc.
Neue Naturklangreihen innerhalb der ursprünglichen 1er-Basisreihe:
2er-Folgereihe: 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 etc.
3er-Folgereihe: 3 6 9 12 15 18 21 24 27 30 33 36 39 42 etc.
4er-Folgereihe: 4 8 12 16 20 24 28 32 36 40 44 48 52 56 etc.
5er-Folgereihe: 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 etc.
6er-Folgereihe: 6 12 18 24 30 36 42 etc.
7er-Folgereihe: 7 14 21 28 35 42 49 etc.
8er-Folgereihe: 8 16 24 32 40 etc.
9er-Folgereihe: 9 18 27 38 etc.
10er-Folgereihe: 10 20 30 etc.
11er-Folgereihe: 11 22 etc.
und so fort
In Musiknoten dargestellt:
Die doppeldeutigen Klänge 7, 11, 13, 14, 17 werden auf dem Naturhorn und der Langnaturtrompete durch "Treiben" verändert.
Offensichtlich wurden von den Griechen in der Antike die drei Klanggeschlechter* harmonisch
(enharmonisch), chromatisch und diatonisch aus der Naturklangreihe abgeleitet.
Das harmonische (enharmonische) Klanggeschlecht ist auf dem Klavier nicht realisierbar.
* Modulation genera.
Das "his absentibus"
Der doppeldeutige 7. Naturklang und Telemanns Neues musikalisches System
Sexta maximum = Septima minor
"Ober-" und "Untertöne"
"Zum Beschluß habe ich noch die Ehre meinen geehrtesten Lesern eine wichtige Wahrheit
vorzutragen / von welcher ich mir der Erfinder [Entdecker] zu seyn schmeichle [...] Die Wahrheit lautet also: Die Tone werden im Ohr nach ihren Verhältnissen auf der nervösen Haut im
kleinen und zwar verkehrt [gespiegelt] beschrieben ..."
(Lorenz Christoph Mizler, Musikalische Bibliothek, 1. Band, Leipzig 1736/38)
Mehr über Mizler: Archiv 7
Untertöne: eine als mathematische
Umkehrung [Spiegelung] der Obertonreihe [Naturklangreihe] zunächst theoretisch entwickelte Reihe von Tönen ... Das Vorhandensein von Untertönen wurde inzwischen
experimentell bestätigt.
(Horst Seeger: Musiklexikon in zwei Bänden, Leipzig 1966)
* * *
"Diadromoi - Durchlaufer "
Noch im 18. Jahrhundert wurden die Naturklangreihe als griechisch Diadromoi bezeichnet:
Diadromoi, ... Durchlaufer; also heissen ... diejenigen Schwenk- und Schwebungen, welche eine Saite von sich gibt, wenn sie angeschlagen wird ...
(Johann Gottfried Walther: Musicalisches Lexicon, Leipzig, 1732)
+ / X 22. altkanaanitisches -hebräisches Schriftzeichen Taw. Zahlenwert 400.
II. Bachs Spezialtonleiter:
"Die Scala der 3 maj. ist, tonus, 2da ein gantzer Ton, 3 ein gantzer, 4 ein halber, 5 ein gantzer, 6 ein halber Ton, 7 ein gantzer ton, 8va ein gantzer Ton."
(Aus "Einige höchst nöthige Regeln vom General Basso di J. S. B.")
Bachs "Scala der 3 major" und die musikalische Natur
Martin Luther und Bachs Scala der 3 major
Martin Luthers Choral Ach Gott, vom Himmel sieh darein, fußt auf dem Ton D und steht im Modus g. Luthers Choralmelodie beruht auf dem vorreformatorischen weltlichen Lied Begirlich in dem hertzen min. NB! Mozart verwendet in seiner Oper Die Zauberflöte Luthers Melodie als Cantus firmus für den fugierten Gesang "Der, welcher wandelt diese Straße voll Beschwerden".
Zum obigen Fandango gehörig:
Bach und Händels Scala der 3 major
Zur "Scala der 3 major" gehörig:
Durch die Scala der 3 major wird evident, dass die B-Tonart g-Moll des Agnus
Dei in Bachs h-Moll-Messe gegenüber den Kreuztonarten aller übrigen Teile keine - wie es heißt - "fremde" oder "entfernte" Tonart
darstellt. Denn aus dem g-Moll löst sich organisch das anschließende D-Dur des Dona nobis pacem heraus.
P.S. Wie übrigens auch der D-Dur Schlußchor Worthy is the Lamb aus dem vorangegangenen g-Moll der Arie If God is for us in Händels Messiah.
Schlussfolgerung:
Bachs Scala der 3 major vereint Dur und Moll.
"Das Terzen-Intervall zeiget die in einem Satz herrschende zweifache Gesangart (Modum) an; nämlich die große die harte, und durch die kleine die weiche ..." Telemann: "Letzte Beschäftigung / Georg Philipp Telemanns im 86sten Lebensjahre ..." Hamburg, 1767
Meine nachfolgende Harmonisierung von Bachs "Scala der 3 major" beginnt in A-Dur und endet in A-Dur. Trotzdem bleibt nach dem Hören gleichzeitig ein d-Moll Gefühl zurück!
Bachs Scala kommt hier aus dem Ton a und steht im Modus d-Moll:
Harmonische (Enharmonische) Fortschreitungen für Violine von hmt
Versuch einer gründlichen Violinschule
(Salzburg 1756)
Leopold Mozart (1719-1787)
"Das eilfte [11.] Hauptstück | Von dem Tremolo [Vibrato]*
Der Tremolo (a) [das Vibrato] ist eine Auszierung die aus der Natur selbst entspringet und die nicht nur von guten Instrumentalisten, sondern auch
von geschickten Sängern bey einer langen Note zierlich kann angebracht werden. Die Natur selbst ist die Lehrmeisterin hiervon. Denn wenn wir eine schlaffe
[tiefe] Seyte oder eine Glocke stark anschlagen; so hören wir nach dem Schlage eine gewisse wellenweise Schwebung (ondeggiamento) des angeschlagenen Tones: Und diesen zitternden
Nachklang nennt man Tremolo, oder Tremoleto.
Man bemühet sich diese natürliche Erzitterung auf den Geigeninstrumenten [Streichinstrumenten] nachzuahmen wenn man den Finger auf eine Seyte stark niederdrücket, und mit der ganzen Hand eine kleine Bewegung machet; die aber nicht nach der Seite sondern vorwärts gegen den Sattel und zurück nach dem Schnecken gehen muß ...
(a) Ich verstehe hierdurch keinen Tremulanten, so wie er in den Orgelwerken angebracht wird, sondern
eine Bebung."
* Im 18. Jahrhundert wurde das "Vibrato" als "Tremolo" bezeichnet.
NB! Martin Agricola sieht auch beim Blasinstrumentenspiel im Vibrato ein notwendiges Stilmittel:
"Auch wiltu haben den grund und bodem
So lern pfeiffen [blasen] mit zitterdem odem
Denn es den gesang gantz sere zyret
Auff allen pfeiffen [Blasinstrumenten] wie man hofiret*."
(Martin Agricola: Musica instrumentalis deudsch, Magdeburg / Wittenberg 1529)
* Hofieren = sich bemühen (cantabel zu blasen).
Das achte Hauptstück
Von den "schnarrenden" Tönen
(Untertöne)
V.
Ein musikalisches Naturwunder
Bestehend aus 9 Noten!
Denn in den Klängen 8-16 der Naturklangreihe resp. Obertonreihe - mit tiefalteriertem 13. Naturklang - verbirgt sich ein Krebscanon.
Es folgen ein 2- und ein 8-stimmger krebsgängiger Canon perpetuum aus den Klängen 8 - 16 der Naturklangreihe für 2- und 8 Naturtrompeten:
PS: Der tiefalterierte 13. Naturklang in der Praxis:
Im Enleitungschor von Händels Oper Giulio Cesare, bläst das 3. Naturhorn (in D), in den Takten 35 und 43, den tiefalterierten 13. Naturklang. Von Händel als transponiertes gis notiert. Im Oratorium Jephta, innerhalb des Chores No more to Ammo's im Takt 52, springt die
1. Naturtrompete (in D) vom 10.- in den tiefalterierten 13. Naturklang. Von Händel als klingend ais'' notiert:
Ein krebsgängiger Canon
Johann Gottfried Walther (1719-1787)
" ... ein krebsgängiger Canon ist: welcher vom Anfange nach dem Ende, und vom Ende nach dem Anfange zu, und also auch rückgängig, zugleich kann tractirt werden."
(Johann Gottfried Walther, "Musicalisches Lexicon", Leipzig 1732)
9 8 7 6 5 4 3 2 1
1 2 3 4 5 6 7 8 9
19
28
37
46
55 Unisono | Umkehr
64
73
82
91
Es folgen nun noch ein 2- und ein 8-stimmger krebsgängiger Canon perpetuum aus den
Naturklängen 8 - 16 der Naturklangreihe
Spiegelbildlich dargestellt
Nochmals zur Erinnerung:
Bachs Scala der 3 maj(or) ensteht aus den Naturklängen 8 - 16
Siehe dazu Archiv 4
Zwei Tetrachorde und das B. A. C. H.
Zwei Hexachorde und das B. A. C. H.
Mutation:
Bfa mutiert zum Hmi
Angehenden Naturtrompetern, die ihr Instrument ohne die unhistorischen sog. "Überblaslöcher" resp. "Temperierungslöcher" oder "Korrekturlöcher" erlernen möchten, sei dies empfohlen:
Gliedern Sie den Naturtonvorrat der Klänge 8 bis 15 abwechselnd in zwei diatonische Tetrachorde und zwei große Hexachorde entsprechend den obigen drei Beispielen. Sie verstehen dann den 11. Naturklang in seiner Doppeldeutigkeit, was dazu führt, dass Sie ihn in zwei Klänge spalten, worauf der jeweils erforderliche Klang dann punktgenau und sauber zu treffen ist.
a) Vom versatzten gesang [Ton]
b) Das Neunde Capitel. Von den Acht tonis
c) Der 11. Naturklang bfa-hmi
d) Zwei Tonleitern, B-Dur und H-Dur, aus dem einen doppeldeutigen 11. Naturklang.
Zum Obigen gehörig:
Obige Tonleiter im 5. Ton, die sich wie unsere C-Dur Tonleiter aus 5 Ganz- und 2 Halbtönen zusammensetzt, ist identisch mit der antiken lydischen Tonleiter!
* * *
Martin Luthers Weihnachtslied Vom Himmel hoch, steht im 5. versatzten Ton auf C:
Vom Himmel hoch, gesetzt für 4 Naturtrompeten von H. M. Timpelan. Tromba 1, 2, 4 in C und Tromba 3 in D muta C:
Beethoven; "An die Freude", gesetzt für 6 Naturtrompeten und 2 Timpani von hmt
Tromba 1-4 in D und 5-6 in A:
Beethoven; "An die Freude", gesetzt für 8 Naturtrompeten und 4 Timpani von hmt.
Tromba 1-4 in D, 5 + 6 in C sowie 7 + 8 in A:
weiter zum: Archiv 2